Donnerstag, 23. Februar 2012

„Neue Chinolone“ als Kommunikationsfrage

Schon in den 90er Jahren haben sich breitbandig effektive antibiotische Wirkstoffe wie vor allem Levofloxacin und Ciprofloxacin etabliert. Aber auch sie weisen Nebeneffekte und Nutzungsrisiken auf. Neben der allgemeinen Resistenzproblematik führen die „Neuen Chinolone“ jedoch zu weiteren - wenn auch im Beipackzettel als sehr selten eingestuften - Risiken, vor allem nachhaltiger Schäden von Sehnen, vor allem der Achillessehne einschließlich Sehnenriss.

Levofloxacin bildet v.a. mit Magnesium in Sehnen, Gelenken und Muskeln Chelate, die eine normale Zellregeneration verhindern.

Nebenwirkungen werden auf dem Beipackzettel in der Regel nach Maßgabe der Eintrittswahrscheinlichkeit, nicht aber der Folgenschwere gelistet. Besondere Hinweise vor allem an Ärzte wären notwendig. Mittel hierfür sind sog. „Rote Hand Briefe“. Herausgeber ist die Pharmaindustrie einvernehmlich mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte - BfArM. In den USA gibt es das Instrument der Black Box Warning unter der Regie der FDA*.

Die FDA befasste sich öffentlich nachvollziehbar schon vor der Jahrhundertwende mit der Thematik „Sehnenschäden“. Es kam u.a. am 9.10.2008 zu einer Black Box Warnung v. Levofloxacin. Sie wird in der Produktbeschreibung dem Text vorangestellt, also nicht nur risikohierarchisch eingeordnet. Der letzte „Rote Hand Brief” v. 11.02.2008 zum mit Levofloxacin vergleichbaren Movifloxacin behandelte hingegen ausschließlich andere Nebenwirkungen. Auch Risikoinformationen des BfArM v. 03.7.2008 idF v. 30.7.2008 „Moxifloxacin (…) Anwendungsbeschränkungen und zusätzliche Warnhinweise” und die AWMF**-Leitlinie 0082/2001 weisen keine eindeutige Warnung hinsichtlich der Qualität der Nebenwirkungen von Levofloxacin auf.

Die aktuelle Sachlage zu „Neuen Chinolonen und deren Nebenwirkungen“ wird dem Anspruch an Produkttransparenz, Produktverantwortung, klinischer Ethik und Verbraucherschutz weder medizinisch noch gesundheitspolitisch gerecht.

Die Sehnenschäden beeintächtigen die Lebensqualität Betroffener besonders im Alter schwerwiegend. Sie können kurzfristig nach Anwendung von Levofloxacin akut werden, aber tückischerweise oft erst in deutlichem zeitlichen Abstand zur Medikation.

Der Kostenfaktor spricht deutlich für Neue Chinolone. Marginale Nebenwirkungs-Hinweise führen daher nicht rational begründeten Verzicht auf Levofloxacin als Mittel der Wahl.

So empfehlen Fachgesellschaften Ende der 90er Jahre „Neue Chinolone” zur Prophylaxe und Therapie von Atemwegsinfektionen. Deutsche Atemwegsliga und Paul-Ehrlich-Gesellschaft nennen „neue Fluorchinolone” als Mittel der Wahl. Die Nebenwirkung „Sehnenschäden“ war aber schon bekannt.

Das BfArM muß somit „die Notbremse ziehen“ und darauf hinwirken, daß vor den mit dem Einsatz von Levofloxacin verbundenen Nebenwirkungen per „Rote Hand Brief“ gewarnt wird.

*) U S Food and Drug Administration
**) Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

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